Geschichte

Der folgende Text stammt aus der Festrede des Jubiläumskonzerts 2017 zum 150-Jahre-Jubiläum des MGV-Vaduz.

Eine lückenlose Chronik des MGV lässt sich nicht mehr erstellen. Beim Vaduzer Dorfbrand 1907 ging nämlich leider auch das Vereinsarchiv in Flammen auf. Die Suche nach dem Gründungsjahr des Vereins gestaltete sich daher durchwegs schwierig. Sie orientierte sich zuerst an der Vereinsfahne. Auf ihr war die Jahrzahl 1871 aufgestickt. Man dachte, in diesem Jahr sei die Fahne geweiht worden und nahm dann wohl 1870 als Gründungsjahr des Vereins an. Denn (Zitat Liechtensteiner Volksblatt) "am 13. Mai 1920 gab der Sängerbund Vaduz ... zur Feier der 50. Wiederkehr seines Wiegenfestes im Adlersaal ... ein Konzert". Zu diesem Anlass übergab der Frauenchor dem Verein "eine sehr schöne Fahnenschleife". Als etliche Jahre später der Vereinsarchivar eine alte Schleife mit der Jahrzahl 1870 fand, schien das Gründungsjahr eindeutig festgestellt.

Das 100-Jahr-Jubiläum hätte also 1970 stattfinden müssen. Doch Jahre zuvor fand man in der ersten Zeitung unseres Landes Berichte, die den Männergesangsverein älter machten. In einer bislang verschollenen Ausgabe der Liechtensteiner Landeszeitung vom Januar 1868 war von einem gemeinsamen Auftritt von Musikverein und Männergesangsverein zu lesen.

Nach dem Wunsch Fürst Johanns II. und auf seine Kosten sollte der Bau der Pfarrkirche Vaduz prächtiger und grösser als ursprünglich geplant erfolgen. Stellvertretend für den Fürsten nahm Landesverweser von Hausen das Ständchen der Vaduzer Vereine als Zeichen des Dankes der Gemeinde entgegen. Im Wissen um diesen Zeitungsbericht entschloss man sich beim MGV, das Vorjahr 1867 als Gründungsjahr anzunehmen.

Und so wurde das 100-Jahr-Jubiläum bereits 1967 mit einem denkwürdigen grossartigen Fest begangen. Das Fest hätte allerdings schon mindestens vier Jahre früher angesetzt werden können. Man hatte nämlich eine weitere alte Zeitungsmeldung entdeckt. Danach gab am Silvesterabend 1863 die neu gegründete Vaduzer Musikkapelle im "Löwen" ihr erstes Konzert. Mit von der Partie war der Männerchor. Der MGV hätte seine künftigen Vereinsjubiläen somit auch gemeinsam mit der Harmoniemusik begehen können.

Im Gegensatz zum Gründungsjahr kennen wir den Gründer und ersten Dirigenten des MGV seit langem. Als Oberlehrer Anton Hinger 1895 in den Ruhestand trat, hielt das Liechtensteiner Volksblatt unter anderem ehrend fest: "Er gründete die Blechmusik, leitete den gemischten Chor, gründete und leitete durch einige Zeit den Männergesangsverein".

Bei meinen Nachforschungen zur kirchenmusikalischen Tradition in Vaduz bin ich Hingers Wirken nachgegangen und habe dabei auch die von ihm neu angelegte und geführte Schulchronik von Vaduz eingesehen. Darin fanden sich unter vielen interessanten Informationen zum kulturellen Leben unserer Gemeinde wichtige Hinweise zum Gründungsjahr des MGV.

Im Herbst 1857 wurde Anton Hinger die Oberlehrerstelle in Vaduz verliehen. Damit verbunden waren der Organistendienst und die Leitung des Kirchenchors. Gleich nach Dienstantritt ging Hinger mit grossem Einsatz an die Reorganisation der Kirchenmusik und gab dem musikalischen Vereinsleben in Vaduz neue Impulse. Dazu zählte auch die Gründung des Männerchors. Dessen Gründungsdatum hat Hinger in seiner Schulchronik leider nicht vermerkt, wohl aber verschiedene Anlässe der von ihm geleiteten drei Vereine notiert. Dazu zählt die Festfeier zum 100-jährigen Geburtstag Friedrich Schillers am 10. November 1859 auf Schloss Vaduz, als sich "Reden und Gesang vom gemischten und Männerchor" miteinander wechselten.

Weiters notiert Hinger die Beerdigung des am 29. November 1860 verstorbenen Wohltäters Dr. Joseph Ludwig Grass, dem der Kirchenchor unter Beihilfe von Mitgliedern des Männergesangsvereines ein Grablied sangen.

Aus den genannten Fakten ergibt sich der Schluss: Der Männergesangsverein Vaduz ist von Anton Hinger bald nach dessen Dienstantritt in Vaduz, spätestens im Jahr 1859, gegründet worden. Von da an findet sich durch zwei Jahrzehnte eine ganze Reihe von Zeugnissen für die Existenz des Vereins und für sein Wirken. Ich erwähne vier davon:

  • 1872 vermerkt Hinger in der Schulchronik: " ... Am 7. April beging der hiesige Männergesangverein ‚Sängerbund’ das Fest seiner Fahnenweihe. Die sehr schöne Sängerfahne, von Dresden kommend, wurde im alten Kirchlein (= St. Florinskapelle) eingeweiht; ... Beim Feste halfen mit der gemischte Chor (= Kirchenchor), die hiesige Blechmusik (= Harmoniemusik) ..."
  • Etwas später berichtet die Liechtensteiner Wochenzeitung über die Einweihung der neu erbauten Pfarrkirche am 7. Oktober 1873 und würdigt den Beitrag der drei Ortsvereine zur Feier. Wörtlich ist zu lesen: " ...Beim Hochamte waren zur Verherrlichung der Feier der gemischte Chor, der Vaduzer Männergesangverein und die Vaduzer Blechmusik thätig". Der Schreiber hebt weiter hervor, dass es der Gemeinde Vaduz zur Ehre gereiche, in musikalischer Beziehung drei Vereine aufzuweisen, obwohl sie eine verhältnismässig geringe Einwohnerzahl besitze.
  • Am 20. Juli 1879 richtete der Männergesangsverein das erste Liechtensteinische Landes-Sängerfest in Vaduz aus. Im Baumgarten des Gasthofs "Linde" war eine Festhalle für 450 Personen aufgestellt. 9 Gesangsvereine mit insgesamt 130 Sängern waren beteiligt. Die Musikanten von Vaduz und Triesenberg unterhielten die Gäste. Das Fest wurde mit einem Feuerwerk beschlossen und übertraf nach Zeitungsbericht alle Erwartungen.
  • 1879 findet sich dann noch eine letzte Zeitungsmeldung über einen Auftritt des MGV. Landesverweser von Hausen war am 15. September bei der Besichtigung von Rheinschutzbauten in einen tiefen Kanal gefallen und konnte glücklich gerettet werden. Am nächsten Tag brachte ihm der Männerchor von Vaduz "als Gratulation seiner glücklichen Rettung ein schönes Ständchen. Bravo!"

Von da an gibt es 9 Jahre lang kein Lebenszeichen mehr vom Männergesangsverein Vaduz. Der Verein war bis Ende 1888 nicht mehr aktiv und hatte sich aufgelöst. Die Ursachen sind unbekannt. Die Zeitung schweigt sich aus.

In der ersten Ausgabe des Jahres 1889 berichtete das Liechtensteiner Volksblatt über die Neugründung: "Gestern als am Neujahrstage liess sich zum ersten Male der neugegründete Männergesangsverein hören. Derselbe besteht aus den Mitgliedern des Musikvereins und aus dem grösseren Theil des früher bestandenen Gesangsvereins. Nachmittags sammelten sich die Mitglieder im Vereinslokal, zogen dann in corpore, voran die Musik, mit der seit bald 10 Jahren der Öffentlichkeit entzogenen schönen Fahne des alten Vereins, die nun an diesen übergeht, vom Schulhause weg zum Schloss zu. Dort angekommen, wurde nun abwechslungsweise durch Musik und Gesang hinreichend für Unterhaltung gesorgt, bei fröhlicher Stimmung bis zum nach Hause gehen. ..." Seit dieser Zeit bis zum heutigen Tag ist der MGV ohne Unterbruch aktiv geblieben.

Damit bin ich am Schluss meines Versuchs angelangt, das historische Fundament für die heutige Jubiläumsfeier zu festigen. Ich fasse zusammen und mache folgende Rechnung:

Zwischen dem für die letzten Vereinsjubiläen angenommenen Gründungsjahr 1867 und dem belegten ersten Auftreten des Vereins im Jahr 1859 liegt eine Spanne von 9 Jahren. Eine gleiche Zeit lang von 1880 bis 1888 hat der MGV nicht mehr bestanden. Das nachweislich höhere Alter des Vereins ist somit um die zeitliche Lücke seines Bestehens zu reduzieren. Zieht man diese Lücke vom nachgewiesenen höheren Alter des Vereins ab, bleiben als Ergebnis "150 Jahre aktiver Männergesangsverein Sängerbund Vaduz", ein stolzes Jubiläum, das wir heute begehen dürfen.

Es ist wahrlich zum Staunen, dass der Männerchorgesang in Vaduz über all die Jahre, über alle gesellschaftlichen Veränderungen hinweg, auch in Zeiten grösster wirtschaftlicher Not und politischer Spannungen, lebendig geblieben ist. Die Freude der Vorfahren am Gesang hat sich bis heute erhalten. Im Chorgesang können Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit emotional innig erlebt werden. Dieses Bedürfnis ist dem Menschen zeitlos eigen. Wenn der Verein sich einerseits der Tradition verpflichtet und andererseits das Lebensgefühl der jeweiligen Generationen abholt, kann er zuversichtlich in die Zukunft blicken.

An einer Jubiläumsfeier wie heute klingen vorab in den Herzen der Sänger des MGV, aber auch bei allen Mitgliedern der anwesenden Chöre und der Harmoniemusik, viele Erinnerungen an. Sie alle denken an frohe Stunden, an Freude, an Musik und Gesang, an harte Probenarbeit, Freundschaft, Kameradschaft, Geselligkeit; an Feste, offizielle Feiern, Aufführungen und Konzerte; an Vereinsausflüge und Familienanlässe; kurz an all das, was Euch Gemeinschaft erleben liess und sie stärkte.

Das Jubiläum des MGV möge uns auch an seine verstorbenen Mitglieder erinnern. Dankbar denken wir an die grosse Schar von Sängern, an Präsidenten, Dirigenten, Vereinsfunktionäre, die seit den Anfängen sich den Verein geprägt haben und aus Freude an der Musik, aus Liebe zu Vaduz als Heimat, das Kulturgut des Gesangs gepflegt haben. Wie viele Feste und feierliche Tage in Vaduz haben sie würdig gestaltet, für ihr Dorf, für das ganze Land.

Für alles, was der MGV in der Vergangenheit kulturell und gesellschaftlich in der Gemeinde geleistet hat und auch heute leistet, gebührt ihm öffentlich Dank und Anerkennung. Er und alle hier anwesenden Chöre und die Harmoniemusik machen Vaduz sympathisch, sind Werbeträger und gute Botschafter der Gemeinde nach aussen. Gleichzeitig stärken sie nach innen Zusammengehörigkeitsgefühl und Zusammenhalt in der Bevölkerung. Sie verdienen zu Recht dankbar geleistete öffentliche und private Unterstützung.

Ich schliesse ab mit Wünschen für die Zukunft. Möge die Gemeinde, das Publikum, in erster Linie dasjenige aus Vaduz, dem "Männergesangsverein Sängerbund Vaduz" immer treu sein und ihn unterstützen! Möge im Verein selbst Zusammenhalt, Einigkeit und Harmonie stets erhalten bleiben! Auf die erste Vereinsfahne war mit Goldfaden die Devise eingestickt "Einigkeit macht stark". Später lautete das Vereinsmotto "Harmonie hält zusammen". In diesem Sinne möge der Verein blühen und gedeihen, aus Freude am Gelingen! "Ad multos annos Männergesangsverein Sängerbund Vaduz!"

Dieser Wunsch steht am Schluss meiner Rede. Ich hoffe, sie hat Ihre Geduld, meine geschätzten Damen und Herren, nicht allzu sehr in Anspruch genommen. Jedenfalls gehört jetzt Ihre Aufmerksamkeit dem Wirken der Chöre und der Harmoniemusik von Vaduz. Wie schon vor 150 Jahren treten die Vereine einzeln für sich auf. Vor allem aber singen und musizieren sie gemeinsam und unterstützen sich gegenseitig. So soll es noch lange bleiben.

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